Dienstag, November 15, 2011

Krieg der Götter (Kino)

Die griechische Mythologie ist etwas, was mich von klein auf fasziniert hat. Damals in den 80ern habe ich die Sandalenfilme geradezu verschlungen, wenn sie immer wieder im Fernsehen liefen. Vor allem Herakles (oder Herkules, wie er in den Filmen hieß) hatte es mir angetan. Aber auch die anderen Figuren wie Perseus (“Kampf der Titanen”) und ein gewisser Theseus haben den kleinen Kai damals in ihren Bann gezogen. So sehr sogar, dass ich den dicken Wälzer “Schwabs Sagen des klassischen Altertums”, den meine Eltern in der Hausbibliothek hatten, häppchenweise durchgeackert habe. Dadurch kenne ich mich ganz gut mit den ursprünglichen Geschichten um die griechischen Götter aus. Tja, und jetzt kommt ein Film daher, dessen Hauptfigur Theseus (Henry Cavill, der nächste Superman) ist - bekannt dafür, dass er den Minotaurus im Labyrinth von Kreta erschlagen hat. Doch dreht sich dieser Film eigentlich um etwas ganz anderes: Den Rachefeldzug des wahnsinnigen Mickey Rourke … äh, König Hyperion gegen die Götter. Mit der Theseus-Sage oder einer werktreuen Nacherzählung der griechischen Mythologie hat das bis auf einzelne Puzzlestücke, die man ganz nach Belieben zu einem Drehbuch zusammenfügte, nichts zu tun.

Okay, das Labyrinth und der Minotaurus sind irgendwie schon im Film drin, doch fragt man sich gegen Ende, warum die Menschen Theseus gerade dafür verehren. Aber fangen wir von vorne an. Da ist zunächst einmal Theseus, der in einem Bauerndorf als einziger Sohn einer als Hure gebrandmarkten Frau aufwächst. Niemand weiß, wer der Vater ist, nur ein merkwürdiger, alter Mann kümmert sich um ihn und unterrichtet ihn im Kriegshandwerk. Hmmm … könnte das irgendwas mit den Göttern zu tun haben? Ist aber völlig unwichtig, denn im Film interessiert bloß, dass Theseus ein verdammt guter Kämpfer ist. Als Gegenspieler fungiert König Hyperion, der auf der Suche nach einem mystischen Bogen mit seiner Armee das ganze Land ins Chaos stürzt. Trotz Gebeten zu den Göttern, die im antiken Griechenland des Films eher ins Reich der Ammenmärchen fallen, hat er seine geliebte Familie verloren, ist nachvollziehbarerweise sauer und schwört Rache. Mit dem magischen Bogen will er die Titanen befreien, die nach ihrer Niederlage gegen die Götter in einem nicht gerade behaglichen Gefängniswürfel im Berg Tartaros eingegkerkert sind. Die übel gelaunten Unsterblichen sollen Zeus und Co vernichten. Natürlich kommt er auch in Theseus’ Dorf vorbei und metzelt alles nieder, was sich ihm entgegenstellt. Auch dessen Mutter. Theseus ist nachvollziehbarerweise sauer und schwört Rache. Das ist der Plot, der in einem furiosen Finale mit viel CGI-Splatter gipfelt.

Wer die Filme von Tarsem Singh kennt (zum Beispiel “The Cell”), ahnt bereits, dass optisch einiges geboten wird. Und tatsächlich inszeniert Tarsem die Götterschlachtplatte in seinem ganz eigenen Stil. Ob das wirklich zu einem Film über griechische Sagen passt, sei mal dahingestellt, ein Augenschmaus ist es aber auf jeden Fall. Und ganz nebenbei übertüncht die optische Opulenz so einige Plotholes, vor denen das Drehbuch nur so strotzt. Ebenfalls etwas, vor dem der Film nur so strotzt, ist die blutige Gewaltdarstellung. Wie bereits erwähnt, wird das Finale zu einem wahren Schlachtfest: Götter in goldenen Plastikrüstungen köpfen, halbieren, filettieren und massakrieren ihre Gegner nach allen Regeln der Kunst. Und auch die Menschen, allen voran König Hyperion sind für einige fiese Grausamkeiten verantwortlich. Besonders im Gedächtnis bleibt hier die Entmannung eines Soldaten, der sich mit gespreizten Beinen hinsetzen muss, während der Foltermeister mit einem gewaltigen Hammer ausholt. Autsch!

Kommen wir zum technischen Gimmick des Films, dem 3D-Effekt. Nachdem ich so einige konvertierte 3D-Filme im Kino gesehen habe, bin ich mittlerweile der Meinung, dass das auf der Leinwand einfach nicht so funktioniert, wie man es sich vorgestellt hat. Sicher, ein gewisser Tiefeneffekt ist spürbar, doch im Vergleich zu echten 3D-Produktionen wie “Drive Angry” stinken diese Filme einfach gewaltig ab. Um so kurioser, dass konvertiertes 3D im Heimbereich sehr viel besser funktioniert. Paradebeispiel dafür ist “Thor”, bei dem ich im Kino eigentlich keinerlei Tiefe wahrgenommen habe, der aber auf dem 3D-Fernseher einen guten Tiefeneffekt erzeugt. Tja, “Krieg der Götter” ist ebenfalls so ein herkömmlich gedrehter und im Nachhinein konvertierter Film. Und wie erwartet war mein Eindruck im Kino ziemlich flach. Das ist extrem schade, denn Tarsems beeindruckende Inszenierung schreit geradezu nach einer 3D-Kamera! Bleibt eben nur die Hoffnung, dass der Film im Heimkino besser rüber kommt.

“Krieg der Götter” ist hochgradig unterhaltsames Popcornkino mit mehr Schein als Sein und jeder Menge Gekröse. Gerade das Richtige für einen zünftigen Männerabend, auch wenn nicht ganz die Klasse von “300” erreicht wird. In 3D muss man ihn aber nicht unbedingt sehen. Und dass der Film nicht ganz schlecht sein kann, zeigte beim Abspann der Kommentar aus der Reihe vor mir: "Allta, was war das für Schaise? Was schleppst du mich in so'n Kackfilm, Allta?"

Wertung: 3,5 von 5