Dienstag, Dezember 15, 2009

Avatar

James Cameron saß für "Avatar: Aufbruch nach Pandora" das erste Mal seit "Titanic" wieder für einen Kinofilm auf dem Regiestuhl. Entsprechend hoch sind die Erwartungen an das Werk, das nichts Geringeres vollbringen soll, als die Tricktechnik zu revolutionieren. Cameron kündigte an, dass seine Hauptfiguren, die blauhäutigen Na'vi, zwar aus dem Computer kommen, doch auf der Leinwand so lebendig wirken sollen, wie die menschlichen Darsteller, die neben ihnen spielen. Gewagte Worte! Vor allem angesichts der Tatsache, dass schon andere technikverliebte Regisseure wie George Lucas und Peter Jackson an ähnlichen Vorhaben scheiterten: Das Fischmaul Jar-Jar Binks aus "Star Wars: Episode 1" versagte kläglich und hob sich wegen seiner Videospiel-Ästhetik stets von den menschlichen Darstellern des Films ab. Erfolgreicher schlug sich Gollum aus der "Herr der Ringe"-Trilogie. Auch er war jederzeit als Computergrafik zu erkennen, wirkte aber ungleich lebendiger als die unlustige Ulknudel aus Lucas' Sternenkrieg-Saga. Doch nun kommt James Cameron daher und behauptet, dass mit seinem Film alles anders wird. Kann der "Titanic"-Regisseur tatsächlich Wort halten?

Die Story von "Avatar: Aufbruch nach Pandora" dreht sich um das Volk der Na'vi, die auf ihrem Planeten von profitgierigen Menschen immer weiter zurückgedrängt werden. Den Konzernen geht es um ein wertvolles Mineral, das nur auf Pandora vorkommt. Wie der Zufall es will, liegt direkt unter der Behausung eines Na'vi-Stammes ein gigantisches Vorkommen dieses Minerals. Die katzenhaften Wesen müssen also verschwinden. Das Militär sitzt zwar schon in den Startlöchern, doch Wissenschaftler haben eine Möglichkeit entdeckt, das menschliche Bewusstsein in künstlich geschaffene Na'vi-Körper, sogenannte Avatare, zu versetzen. So will man auf friedliche Weise das Vertrauen der blauhäutigen Ureinwohner Pandoras gewinnen und sie zur Umsiedlung überreden. Einer der Teilnehmer dieses Avatar-Programms, der querschnittsgelähmte Jake Sully, findet zusehends Gefallen am Leben als Na'vi, und verliebt sich sogar in die Häuptlingstochter. Dennoch berichtet er insgeheim ans Militär und plaudert taktisch wertvolle Geheimnisse aus. Alles läuft auf eine Konfrontation hinaus.

Der deutsche Untertitel "Aufbruch nach Pandora" ist etwas unglücklich gewählt. Hier bricht nämlich niemand nach Pandora auf. Der Planet wird schon längst von den Menschen ausgebeutet. Die Grundgeschichte vom Kampf der rückschrittlichen Ureinwohner gegen die hochtechnisierten Invasoren ist im Prinzip lediglich eine Variation der Besiedelung des amerikanischen Kontinents durch die Europäer. Man könnte sogar sagen, den Plot des Films hat man in "Der mit dem Wolf tanzt" schon längst gesehen. Auch das Drehbuch, für das der Star-Regisseur angeblich mehr als 12 Jahre brauchte, erschöpft sich in übelster Schwarzweiß-Malerei und bietet neben eindimensionalen Cartoon-Charakteren sowie haufenweise Logiklöchern nichts, aber auch gar nichts Neues. Wenn man "Avatar: Aufbruch nach Pandora" auf diese Punkte reduziert, tut man Camerons Action-Drama allerdings Unrecht. Sein Hauptanliegen ist es, den Zuschauer mit Effekt-Bombast zu unterhalten. Und besonders in der 3D-Version des Films gelingt das hervorragend. Alles wirkt unglaublich plastisch, und die große Schlacht gegen Ende des Films lässt so manchem Zuschauer garantiert den Kiefer herunterklappen.

Um noch einmal die Frage vom Anfang aufzugreifen: James Cameron ist es als erstem Filmemacher tatsächlich gelungen, computergenerierte Figuren mit Leben zu erfüllen. Es sind hauptsächlich die Na'vi-Szenen, die den Zuschauer über die 160 Minuten Lauflänge bei der Stange halten. Man will mehr über sie erfahren, freut sich mit ihnen, zittert mit ihnen. Zusammen mit dem Jake-Sully-Avatar entdeckt man die wunderschöne Welt Pandoras und macht genauso große Augen wie er, wenn er zum ersten Mal die fremdartige Vegetation wahrnimmt oder die schwebenden Felsen erklimmt.
Dazu folgende Hintergrundinformation: Die Trailer haben für mich nicht funktioniert, ich wollte die Katzenschlümpfe wirklich hassen, ich wollte den ganzen Film hassen. Mit diesem Vorsatz ging ich in die Pressevorstellung. Bis auf zwei "Augenverdreh-Momente" und die extreme Gut-Böse-Geschichte mit dem viel zu schießgeilen Militär samt aufgesetztem, unglaubwürdigem Zweikampf-Finale mochte ich "Avatar" allerdings sehr. Gegen Ende habe ich mit den Schlümpfen sogar mitgefiebert. Wow. Ich bin mir sicher, dass der Film auf einem "flachen" Heimmedium seine ganzen Schwächen offenbaren wird, doch für die Kinoauswertung muss ich sagen: Mission erfüllt.

Eine Frage stellt sich allerdings: Zeichnet Cameron die Menschen als zweidimensionale Abziehbildchen, um die Na'vi in den Vordergrund zu rücken und im Gegensatz zu den platten Erden-Militärs plastisch wirken zu lassen? Ist das der Trick, der nötig war, uns Computerfiguren lebendig erscheinen zu lassen?
Eines kann man auf jeden Fall mit Gewissheit sagen: "Avatar: Aufbruch nach Pandora" ist ein einmaliges Erlebnis, das man sich auf keinen Fall entgehen lassen sollte. Und auf keinen Fall sollte man sich den Film auf einer "flachen" Leinwand ansehen. Nur in 3D funktioniert das Gesamtkunstwerk "Avatar" so, wie der Regisseur sich das vorstellte - schließlich kommt ja auch keiner auf die Idee, bei einer Blu-ray die Farbe wegzudrehen!

Wertung: 4 von 5

Sonntag, Dezember 13, 2009

Ninja Assassin

“Everything’s better with Ninjas” lautet der weise Leitspruch von Badmovies.de … demnach müsste “Ninja Assassin” ein echter Knüller sein, treten die maskierten Schattenkämpfer in James McTeigues (“V for Vendetta”) Film doch im Überfluss auf und schlitzen sich noch dazu durch unsere Hauptstadt Berlin. Aber: Stimmt die Gleichung wirklich?
Zu einem solchen Ereignis (ein Ninja-Film auf der Leinwand!!!) hätte ich eigentlich die passende Montur anziehen sollen, aber da ich kein Ninja-Kostüm im Schrank habe – nicht mal ein buntes Stirnband mit der Aufschrift “Ninja” – habe ich das dann doch gelassen.

Die Story von “Ninja Assassin” ist so hohl wie verworren. Gerade so, als hätte Produzent Joel Silver einen Nu Image-Schreiberling angeheuert, der dort den letzten Seagal-Streifen verbrochen hat. Das Drehbuch schwankt zwischen “unfreiwillig komisch”, “banal” und “total hirnrissig”. Umso erschreckender, dass neben Newcomer Matthew Sand dafür kein Geringerer als J. Michael Straczynski verantwortlich zeichnet. Der Mann hat mit “Babylon 5” immerhin eine respektierte Sci-Fi-Serie erschaffen. Für den “Ninja Assassin” hat er offenbar in den mentalen Zweitklässler-Modus zurückgeschaltet, denn was da auf der Leinwand abgeht, spottet jeder Beschreibung und könnte dabei herauskommen, wenn zwei Kids mit ihren Actionfiguren spielen. Als Zuschauer windet man sich angesichts der üblen Dialoge und Plotholes förmlich vor Schmerzen. Gerade gegen Ende sitzt man angesichts dessen, was da an Irrsinn passiert, nur noch staunend im Kinosessel und schüttelt wahlweise den Kopf oder klatscht sich im Sekundentakt die flache Hand auf die Stirn.

Noch mehr als die miese Story wurmt mich das, was Hollywood aus meinen geliebten Maskenmännern gemacht hat: Die Typen können sich in Luft auflösen und dann aus dem nächsten Schatten kriechen. Ganz ohne Rauchbomben, sondern per Computertrick. Das macht die Jungs also zu Dämonen. Unterstützt wird dieser Eindruck von der bekloppten Idee, jedesmal, wenn die Ninjas sich einem Opfer nähern, Flüsterstimmen einzuspielen: “Schlitz ihn auf!” “Töte ihn!” … was soll das? Und was hat das Militär im Finale zu suchen? Wie sind die mit Panzern und anderen schweren Einsatzfahrzeugen bis zum Ninja-Dojo in den japanischen Bergen vorgedrungen? Wie uns ein CGI-Shot gegen Ende zeigt, gibt es da keinerlei Straßen oder befestigte Wege!

Es scheint, als hätte man das Drehbuch mit der heißen Nadel um die zugegebenerweise netten Kampfszenen gestrickt. Die Ninjas wirbeln durch die Luft und beharken sich mit exotischen Waffen, dass es eine wahre Freude ist. Zumindest in der Hälfte der Fälle. Irgendein hirnamputierter Kameramann muss sich gedacht haben: “Die haben so schöne Choreographien entwickelt … wie kann ich das alles zerstören?” Die Lösung lautet wie so oft: Mit der Wackelkamera schön nah ranzoomen! Argh! Immerhin ist “Ninja Assassin” der wohl blutigste Film, den ich dieses Jahr auf der Kinoleinwand erleben durfte. Die Gliedmaßen fliegen im Überfluss, Körper werden mit schöner Regelmäßigkeit zerteilt, und alleine der Anfang hat mehr Blut und Gekröse als “John Rambo”, wie ein verzückter Checker südländischer Abstammung anschließend auf der Toilette bemerkte. Und da gehört der Film eigentlich auch hin: In die Toilette und schnell runtergespült. Tja, Splatter ist nicht alles. Jammerschade drum. Ich bin ja eigentlich für jeden Blödsinn zu haben, aber "Ninja Assassin" geht entschieden zu weit!

Wertung: 1 von 5

Freitag, Dezember 04, 2009

Gamer

So, ich schätze, nun darf ich endlich meinen Senf zu "Gamer" mit Gerard Butler abgeben, den ich im Münchener Testscreening schon ... wann war das? ... im Juli? ... gesehen habe. Witzig: Wir durften mitentscheiden, welchen Titel der Film in Deutschland tragen soll. Zur Wahl standen "Game", "Gamer" und "Citizen Game". Das Werk der "Crank"-Macher behandelt die komplett vernetzte Zukunft unserer Gesellschaft. Verbrecher werden zu Spielfiguren im brutalen Killerspiel "Slayers", und für ein wenig Kohle kann man sich in "Society" als "Second Life"-Hure verdingen. Sind ja tolle Aussichten! All das wird vom durchgeknallten Fantastilliardär Ken Castle (Michael C. Hall aus "Dexter") kontrolliert, der wohl an Bill Gates oder Steve Jobs erinnern soll.

Die Story dreht sich um Simon, den Superstar der Spielewelt, und dessen "In-Game-Charakter" Kable (Butler). Verbotenerweise nehmen die beiden Kontakt zueinander auf, und Simon beschließt, Kable bei der Flucht zu helfen. Ihr gemeinsames Ziel ist es, Castle zur Strecke zu bringen und dem ganzen Mind-Control-Nonsens ein Ende zu machen. Dazu schließt sich Kable nach einigem Zögern einer Untergrundbewegung an. Zwischendurch hat er allerdings noch Zeit, seine Frau aus den fettigen Klauen eines widerlichen Society-Spielers zu befreien. Vor dem Finalkampf gegen Castle und dem unglaubwürdigen Ende steht daraufhin nur noch eine bizarre Musical-Einlage (!). Uff!

Je weiter sich die Spieldauer dem Ende neigt, desto wirrer und irrer wird der Film. Die Sing- und Tanznummer von Michael C. Hall, der damit wohl das Klischee des redseligen Bond-Schurken parodieren soll, ist der Höhepunkt in einer Reihe höchst abstruser Einfälle. Und damit dürfte klar sein, dass "Gamer" bei weitem nicht der gradlinige Actionkracher ist, als der er beworben wird. Was mir dabei gar nicht schmeckt ist die Tatsache, dass der Film (unbeabsichtigt?) ins Horn der Spielegegner stößt, diese den Film aber trotzdem nicht als Bestätigung ihrer Thesen verstehen werden und ihn letztlich nur als weiteres Gewalt-Machwerk mit einigen äußerst geschmacklosen Szenen abtun werden: Gamer werden als degenerierte Geeks dargestellt, die sich entweder an blutigen Shootern ergötzen oder ihre kranken Fantasien im "Second Life"-Klon "Society" ausleben.

Die Regisseure Neveldine und Taylor ziehen bei der Inszenierung dieses Bockmists sämtliche Register, um den Zuschauer an den Rand eines epileptischen Anfalls zu bringen: Rasend schnelle Schnitte und wacklige Handkamera mögen zwar in "Crank" bestens funktioniert haben, doch hatte das auch mit dem durchgeknallten Thema des Films zu tun. Bei "Gamer" wirken diese Spirenzchen einfach nur unpassend und nervtötend. Immerhin sind einige Einstellungen in der "Slayers"-Arena wirklich gut gelungen und erinnern tatsächlich an typische Situationen aus Shootern wie dem berühmt-berüchtigten "Counter-Strike" oder meinetwegen auch "Modern Warfare".

Ich weiß zwar nicht genau, inwieweit sich die "Arbeitsfassung", die beim Testscreening in München gezeigt wurde, vom fertigen Film unterscheidet, aber es würde mich doch sehr wundern, wenn man den Film in der kurzen Zeit noch einmal neu gedreht hätte, um ihn genießbar zu machen! Ach ja ... Die deutsche Kinofassung ist für die FSK-Freigabe "leicht" geschnitten worden. Das bedeutet: Wer wirklich Interesse an dem Streifen hat, sollte auf die hoffentlich ungekürzte Heimversion warten. Aber glaubt mir, sooo heftig ist das Ding gar nicht! Gorebauern werden enttäuscht.

Wertung: 1 von 5